Muss ich hier Werbung hinschreiben, weil es um einen Hashtag geht? Einen Hashtag, der am Dienstag gefühlt ganz Social Media bestimmt hat? Ich glaube nicht. Denn dabei ging es um etwas, dem jeder zustimmen sollte: Black Lives matter.
Viele Menschen haben am Dienstag schwarze Quadrate in ihrem Feed gepostet – und teilweise wenige Tage später wieder gelöscht, weil der schöne, helle, farblich passend aufgebaute Feed dadurch zerstört wird. Viele Menschen haben am Dienstag in ihrer Story Links, Profile, Bücher, Hörbücher, Podcasts, Videos und Bilder geteilt – und konnten bei anderen sehen, wie sie weiter Werbung geschaltet und ihren Alltag geteilt haben. Viele Menschen haben am Dienstag Kritik geerntet, Beleidigungen im Postfach gehabt und diesen Hass auch geteilt.
Denn man ist doch – gerade als großer Account – in der Pflicht, an so einem social Media-Ereignis mitzumachen, oder nicht?
Nein ist meine Antwort auf diese Frage. Denn was nützt ein schwarzes Quadrat, wenn darüber hinaus nichts getan wird? Was nützen geteilte Links in der Story, wenn sie weggeklickt werden? Was nützen Postings von Menschen dazu, die eigentlich gar nicht “wissen, was sie sagen wollen” und auch “nicht genug Wissen” haben? (Ja, das waren wohl die zwei am häufigsten genannten Argumente von Influencern am Dienstag, die sich nicht zu dem Blackouttuesday geäußert haben.)
Oder anders gesagt: Nur weil ich social Media nutze – egal ob als Hobby oder als Berufs-Influencer – verpflichte ich mich nicht zu irgendetwas. Es ist mein Kanal, darauf kann ich in erster Linie darüber selbst entscheiden, was ich teile. Sei es Interieur, mein Leben mit Kind, Fitness, Essen, Reisefotos oder eben Politik.
Allerdings habe ich als Mensch die Verpflichtung, Verantwortung zu übernehmen.
Für ein friedliches Miteinander, für Gerechtigkeit, für Wissen, für Wahrheit, für Liebe. Und das kann ich tun, indem ich ein schwarzes Quadrat poste oder Links, Profile und Bücher teile oder einen sentimentalen Text veröffentliche. Ich kann aber auch meine Eltern anrufen und mit ihnen darüber sprechen oder meinen Kindern Bücher vorlesen oder eine Petition unterschreiben oder demonstrieren gehen. Denn nur weil jemand nichts auf Social Media postet, heißt es nicht, dass er sich im Privatleben nicht mit dem Thema Rassismus beschäftigt.
Versteh mich nicht falsch. Natürlich wäre es großartig, wenn jeder Influencer mit einer großen Reichweite diese dafür nutzt, Links, Profile, Bücher und Wissen zu teilen, auch wichtige Themen aufmerksam zu machen. Man könnte sicherlich über den ein oder anderen sagen, dass er/ sie seine/ihre Follower dann mal mit etwas Sinnvollem beeinflussen würden.
Aber das wichtigste ist doch, dass ich den Mund aufmache, mich bilde, lerne, zuhöre, mich austausche, Kritik annehme – im privaten und/oder öffentlichen Raum.
Und nicht nur wütend und traurig bin über die Missstände dieser Welt, mir eine perfekte, diskriminierungsfreie wünsche, und am schlimmsten: den Mund halte – oder die Kommentarfunktion unter meinem Post ausschalte. Denn dann brauche ich mich nicht über Kritik zu wundern, wenn ich bloß meine Meinung, mein Mitgefühl oder gar nichts dazu teile. Denn wo ist da der Mehrwert, wo der Austausch, wo das Learning?
Also darf ich nicht mit zweierlei Maß messen. Warum wirft man online jemandem mit großer Reichweite vor, den Mund zu halten, weil er auf Social Media nichts geteilt hat? Aber spricht nicht den Kumpel an, der auch auf Social Media nichts geteilt hat und stattdessen ständig rassistische “Witze” macht? Ich kann nicht gegen Rassismus, Hass und Diskriminierung sein und gleichzeitig andere Menschen beleidigen oder mobben.
Anmerkung: Ich habe kein schwarzes Quadrat am #Blackouttuesday geteilt. Es gibt aber einen Post auf Instagram, unter dem ich eure Empfehlungen zum Thema Rassismus sammeln möchte. Außerdem habe ich ein Highlight erstellt mit Links, Videos, Fotos und vielem mehr, das ich geteilt habe.