“Die Sonne knallt. Es ist heiß. Ich schwitze in den Kniekehlen, den Ellenbeugen, unter den Achseln und sogar am Kopf. Und dann kommt er. Er macht mich wahnsinnig. Ich versuche, mich zu beherrschen. Doch irgendwann kann ich nicht anders – ich muss kratzen. Die Haut wird schnell rot, sie ist trocken, reißt auf, blutet – und endlich ist der Juckreiz weg. Zwar nur für den Moment, aber es ist eine Erlösung.
Aber dann bemerke ich die Blicke. Sie sind voller Ekel, Abneigung, Verwunderung. Und ich sehe im Spiegel, wie geschunden meine Haut aussieht. Gott sei Dank sieht man meine Kopfhaut nicht.
Aber ich kann sie spüren. Unter der Dusche brennt das Wasser und das Shampoo auf den aufgerissenen Stellen wie Feuer. Und ich kann nichts tun. Außer alles trocken tupfen, nicht reiben, eincremen und hoffen, dass ich es nächstes Mal länger aushalte.” – @kimilebt (Instagram)
Diesen Text habe ich im Spätsommer auf Instagram veröffentlicht. Zu diesem Zeitpunkt wusste ich etwa seit einem Jahr, dass ich unter der Hautkrankheit Neurodermitis leide. In diesem Jahr habe ich mich mehr als einmal für die roten, aufgeschürften Stellen auf meiner Haut geschämt, sie versucht, zu verstecken und zu bekämpfen. Denn sie haben mir oft unangenehme Blicke eingebracht von Fremden, die auf der Straße an mir vorbeigelaufen sind. Dabei ist diese Krankheit nicht ansteckend. Ich habe sie mir nicht selbst ausgesucht. Und deshalb habe ich beschlossen, damit offen umzugehen. Klar gehe ich nicht zu jemandem hin und stelle mich mit den Worten vor: “Hi, ich bin Kimberly und habe Neurodermitis.” Aber offen darüber zu sprechen und zu erklären, was es damit auf sich hat, ist ein erster Schritt. Damit sich Menschen nicht mehr verstecken oder schämen müssen für etwas, für das niemand etwas kann.
Was ist Neurodermitis eigentlich?
Rissige und trockene Haut, blutige Ellenbogen, Schuppen auf der Kopfhaut – die typischen Merkmale für Neurodermitis, auch atopisches Ekzem genannt, lassen sich meist schwer übersehen. Mit dieser chronischen Hautkrankheit kommt meist ein riesiger Juckreiz einher, unter dem die Betroffenen sehr leiden. Etwa 13 Prozent der Kinder und zwei bis drei Prozent der Erwachsenen leiden unter Neurodermitis. Eine Heilung gibt es nicht.
Bei Neurodermitis-Patienten ist die Schutzfunktion der Haut sehr niedrig. Theoretisch kann alles, was mit der Haut in Berührung kommt, zu Entzündungen führen. Das Immunsystem neigt also dazu, auf eigentlich harmlose Reize, übermäßig stark zu reagieren.
Neurodermitis beginnt häufig im Säuglings- und Kindesalter. Aber gerade bei Kindern heilt oft die Zeit die wortwörtlichen Wunden. Viele Betroffene, die als Babys oder Kleinkinder stark unter Neurodermitis gelitten haben, sind zur Einschulung oder Pubertät frei von dem Juckreiz.
Die Hautkrankheit kommt meist in Schüben. Zum Beispiel zur Winterzeit, wenn die Luft sehr trocken ist. Oder aber im Sommer in Hautfalten, in denen man besonders schnell und stark schwitzt. Aber auch Stress kann eine Ursache für Neurodermitis-Schübe sein. In jedem Alter tritt starker Juckreiz auf, der den ganzen Tag über anhalten kann und sich abends und nachts oft noch verschlimmert. Betroffene schlafen häufig schlecht und können sich tagsüber nicht konzentrieren, weil alles juckt.
Wieso habe ich/mein Kind/meine Freundin Neurodermitis?
Die Hautkrankheit Neurodermitis gehört zu den sogenannten atopischen Erkrankungen. Dazu gehören auch Nahrungsmittelallergien, allergisches Asthma und allergischer Schnupfen (zum Beispiel Heuschnupfen).
Atopische Erkrankungen sind innerhalb der Familie vererbbar. Sind beide Eltern von einer oder mehreren atopischen Erkrankungen betroffen, wird ein Kind mit einer Wahrscheinlichkeit von circa 60 bis 70 Prozent ebenfalls erkranken. Meine Mutter und ihre Mutter zum Beispiel haben Heuschnupfen. Meine Oma sogar ein paar Lebensmittelallergien. Dass ich also Neurodermitis bekommen habe, ist dann gar nicht so abwegig.
Die Veranlagung allein macht aber noch nicht krank, sondern nur anfällig. Kommen Umwelteinflüsse oder Stress dazu, kann die Krankheit ausbrechen. Das war bei mir erst mit 17 Jahren der Fall, als ich in den Abiturprüfungen gesteckt habe. Damals wusste ich allerdings noch nicht, dass es sich um Neurodermitis handelt.
Einflussfaktoren und Auslöser nach Apotheken Umschau
- Faktoren, die die Haut austrocknen (zum Beispiel häufiges Waschen)
- Allergene, die auf die Haut gelangen, eingeatmet (zum Beispiel Hausstaubmilbenkot, Pollen, Tierhaare) oder gegessen werden (Kuhmilch, Hühnerei, Weizen, Soja)
- irritierende Stoffe auf der Haut (zum Beispiel Wollkleidung, Reinigungsmittel, Parfüm)
- Klima (Trockenheit, Schwüle, Kälte)
- Umweltgifte (Diesel, Ozon, Tabakrauch)
- psychische Belastung, Stress
Was können Betroffene gegen Neurodermitis tun?
Auf diese Frage kann ich leider nicht einwandfrei antworten, weil ich keine Ärztin bin. Betroffene sollten Tests, Diäten, Behandlungen durch Cremes oder ähnliches immer mit ihrem behandelnden Arzt besprechen. Ich kann im Folgenden nur aus meiner Erfahrung sprechen:
Bei mir hat sich herausgestellt, dass Kuhmilch ein großer Trigger für Neurodermitis ist. Seit einem Dreivierteljahr vielleicht trinke ich pflanzliche Milch (Hafer-Soja-Milch von Rewe um genau zu sein). Seitdem sind die Ekzeme deutlich kleiner geblieben und auch den heißen Sommer habe ich einigermaßen gut im Vergleich zu den letzten Jahren überstanden. Außerdem triggern meine Neurodermitis Apfelsinen bzw. Zitrusfrüchte generell. Das bedeutet allerdings nicht, dass ich auf Kuhmilch und Zitrusfrüchte gänzlich verzichte. Gibt es keine Alternative (zum Beispiel bei Freunden oder im Café) oder ich habe einfach mal Lust, meinen Kakao mit Kuhmilch zu trinken, dann mache ich das auch. Es ist nur nicht mehr die Regel.
Ansonsten creme ich mich nach dem Duschen komplett ein. Vor dem Schlafengehen werden die Hände immer nochmal eingecremt und ich benutze einen Lippenbalsam aus Bienenwachs. An Händen und Mundwinkeln hatte ich bisher noch keine Ekzeme.
Was ich euch noch mitgeben möchte…
Ich hoffe, ich konnte euch ein wenig aufklären. Neurodermitis ist nicht ansteckend, sondern höchstens ein kosmetischer Makel. Bei jedem Betroffenen äußert sich die Hautkrankheit anders und benötigt andere Behandlungen. Wenn euch das Thema interessiert, kann ich euch Elena empfehlen. Sie ist Ärztin und hat ein ganzes Highlight in ihrem Instagram-Account dem Thema Neurodermitis gewidmet.
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